9 Kommentare

Die unendliche Geschichte des Ratgeber-Telefons

Mindestens drei Mal pro Woche muss ich mich zügeln, bleibe nett und höflich, obwohl ich am liebsten jemanden zusammenschlagen würde. Eine Stunde lang bin ich dann die Kummerkasten-Tasten am Ratgeber-Telefon der Zeitung, für die ich viel arbeite. Eine Stunde voller Irrtümer, Leichtgläubigkeiten und Ungerechtigkeiten und das auch noch am frühen Morgen. Facebook hat sich als gutes Ventil erwiesen, dass die ausufernsten Zitate aufnimmt und mir damit ein Magengespür erspart. Aber weil immer wieder die gleichen Fragen kommen, hier ein für alle mal die Antworten (in der Hoffnung, dass ich dann morgens auch mal was anderes sagen kann):

1. Nein, niemand schenkt Ihnen Geld. Jedenfalls nicht ohne Gegenleistung und schon gar nicht, wenn Sie vorher nichts mit ihm oder seiner Firma zu tun hatten, an keinem Gewinnspiel teilgenommen und kein Los ausgefüllt haben. Es gibt keine Engel, Elfen oder Kobolde, die das für Sie tun. Flattern bunte „Sie haben gewonnen“-Briefe ins Haus müssen Sie damit nur eines machen: Sie in den Papiermüll donnern. Reagieren Sie nicht, denn wenn Sie antworten, reiben sich die Verantwortlichen die Hände, weil sie dann noch mehr Ihrer persönlichen Daten haben, mit denen Sie handeln können. Gehen Sie auch nicht auf das „großzügig“ Angebot ein, sich mit einem hochmodernen, komfortablen Reisebus und in Begleitung einiger guter Freunde zur Gewinnübergabe kutschieren zu lassen. Vermutlich ist ihr Gewinn ein Kuli, den sie aber erst bekommen, wenn Sie die Rheumadecke für 300 Euro oder die Reise, die Sie anzahlen müssen, gekauft haben. Noch einmal: Niemand verschenkt Geld! Begraben Sie den Traum und legen Sie lieber ein Tagesgeldkonto an.

2. Nein, Sie können Waren, die Sie im Laden kaufen, nicht zwei Wochen lang umtauschen. Das geht nur bei sogenannten Haustürgeschäften. Die muss man zwar nicht zwingend an der Haustür abschließen (am Telefeon, übers Internet, den Fernseher oder per Katalog geht auch), aber wenn man sich die Ware vor dem Kauf ansehen, sie testen, fühlen, riechen, abmessen oder schmecken kann, ist es definitiv kein Haustürgeschäft mehr. Die Widerrufsfrist, also das Recht, Ware zwei Wochen ohne Begründung zurück zu geben, gibt es für Haustürgeschäfte nur deshalb, damit auch, wer sozusagen blind bestellt, die Ware testen, fühlen, riechen … na, Sie wissen schon. Also noch mal: Wenn der Händler nicht sehr kulant ist, gilt bei im Laden gekauften Dingen: Vertrag ist Vertrag. Einmal eingegangen ist bindend. Einzige Ausnahme: Die gekaufte Ware ist fehlerhaft. Was mich zu Punkt drei bringt.

3. Nein, Garantie ist kein Allheilmittel. Genau genommen ist die Garantier auf irgendein Gerät eine freiwillige Leistung der Hersteller, die Sie abgeben können oder auch nicht. Der Gesetzgeber schreibt dagegen die Gewährleistung vor, und auf die sollte man sich auch beziehen, wenn man einen mangelhaften Kauf reklamieren will. Und bitte gehen Sie dem Verkäufer nicht auf den Leim, der es sich einfach machen will: Gewährleistungsrechte sind gegenüber dem Händler geltend zu machen, nicht gegenüber dem Hersteller. Und der Händler kann die Pflicht zur Reparatur oder Ersatzlieferung also auch nicht einfach an den Hersteller abschieben. Übrigens, Gewährleistung gilt nur, wenn der Mangel schon bei Kauf vorhanden oder angelegt war (etwa durch einen Produktionsfehler oder schlechtes Material). Behauptet der Händler, das Teil sei durch falschen Gebrauch kaputt gegangen, kann es unschön werden, denn nach einem halben Jahr muss der Käufer beweisen, dass es nicht so ist. Nur in den ersten sechs Monaten ab Kauf ist der Händler in der Pflicht, seine Behauptung zu belegen.

4. Nein, Telefonverträge enden nicht automatisch, wenn jemand umzieht – oder stirbt. Das Sonderkündigungrecht bei Umzug hat der BGH gekippt und wenn der Vertragsnehmer stirbt, übernehmen automatisch die Erben den Vertrag und müssen ihn im Zweifel bis zum Ende der regulären Laufzeit bezahlen. Also bitte: Vor dem Telefonanbieterwechsel AGBs und alles Kleingedruckte auf Rechnungen, Verträgen und Angeboten lesen. Es sei denn natürlich, man weiß nicht wohin mit seinem Geld, dann kann man gerne zwei, drei oder hundert Verträge parallel laufen lassen. Und besonders streitsüchtige (oder arbeitslose Anwälte, die in Übung bleiben wollen), gilt diese Empfehlung hier auch nicht, denn mit Telefonanbietern kann man sich wunderbar, sehr lange und sehr intensiv streiten , ohne auch nur einen einzigen Schritt weiter zu kommen.

So viel vorerst zu den wichtigsten Kummerkasten-Empfehlungen, aber ich bin sicher, diese Serie ist noch lange nicht abgeschlossen. Vorschläge für weitere Folgen nehme ich gerne entgegen. Tbc